„Der tiefgreifende Wandel in den globalen Märkten eröffnet uns auch neue Chancen.“

Der HOERBIGER Konzern schreibt seine Erfolgsgeschichte fort – mit profitablem Wachstum im vierten Jahr in Folge. Der Weg dorthin war nicht ohne Herausforderungen; auch das abgelaufene Geschäftsjahr hat den über 6.000 Mitarbeitenden einiges abverlangt. Im Interview gibt Dr. Thorsten Kahlert, CEO und Vorsitzender der Konzernleitung, Einblicke in das Geschäftsergebnis 2024, erinnert sich an den kritischen Moment zurück, als große Teile der Produktion stillstanden, und erklärt, warum er trotz unsicherer Märkte mit Zuversicht in die Zukunft blickt.
Wie beurteilen Sie das vergangene Jahr für den HOERBIGER Konzern?
Dr. Thorsten Kahlert — Im vergangenen Jahr haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von HOERBIGER gemeinsam neue Maßstäbe gesetzt. Neben dem starken Umsatzwachstum, das auf einem äußerst stabilen und gesunden Kerngeschäft basiert, haben wir auch unsere ambitionierten Profitabilitätsziele erreicht. Darüber hinaus haben wir wichtige Innovationsprojekte vorangetrieben und signifikante Fortschritte bei der Weiterentwicklung unserer neuen Geschäftsbereiche erzielt.
„Eine geschärfte Strategie, schlanke Strukturen und ein global ausgewogener Footprint mit Produktionsstätten in allen wichtigen Weltregionen bieten eine solide Grundlage, um flexibel auf Marktveränderungen zu reagieren.“
Wie haben die einzelnen Geschäftsbereiche abgeschnitten?
TK — Alle Geschäftsbereiche haben im vergangenen Jahr eine beeindruckende Leistung abgeliefert – und das in einem geopolitisch und wirtschaftlich nach wie vor schwierigen Umfeld.
Die Division Compression verzeichnete erneut ein Rekordjahr. Das Wachstum gelang dabei sowohl im traditionellen OEM- und Servicegeschäft für Kolbenkompressoren als auch bei den Marktsegmenten Flow & Motion Control sowie Air & Industrial.
Die Division Automotive konnte sich in einem verunsicherten und stagnierenden Markt dank eines rigorosen Kosten- und Kapazitätsmanagements den Herausforderungen stellen und das Geschäft wettbewerbsfähig halten.
Die Business Unit Rotary befindet sich wieder auf einem erfolgreichen Wachstumspfad, was unter anderem durch drei kürzlich durchgeführte Akquisitionen unterstützt wird, die die Marktposition der Unit weiter stärken und die Kompetenzen der Business Unit ergänzen.
Die Business Unit Engine sah sich mit einer deutlich abgeschwächten Dynamik des Wasserstoffmarktes konfrontiert. Hinzu kam ein stagnierendes Bestandsgeschäft, weshalb die Business Unit einen leichten Umsatzrückgang verzeichnete.
Und auch die Business Unit Safety erzielte im vergangenen Jahr trotz des schwierigen Marktes in Europa einen Rekordumsatz, wobei insbesondere die starken Leistungen in Nordamerika und Asien als Wachstumstreiber hervorgehoben werden können.

Dr. Thorsten Kahlert mit Verwaltungsratspräsident Dr. Martin Komischke.
HOERBIGER hatte im vergangenen Jahr nicht nur mit einem schwierigen Marktumfeld zu kämpfen …
TK — Sie sprechen den Teilausfall unserer IT-Infrastruktur an, der durch eine Drittpartei ausgelöst wurde, die sich unrechtmäßigen Zugang zu unserem Netzwerk verschafft hat. In der Folge kam es an verschiedenen Standorten zu Unterbrechungen in der Produktion. Diese Situation hat uns an unsere Grenzen gebracht. Glücklicherweise konnten wir den Normalbetrieb verhältnismäßig rasch wieder herstellen.
Wie haben Sie das geschafft?
TK — IT-Sicherheit ist für uns schon seit Jahren ein wichtiges Thema. Trotz aufwendiger Schutzmaßnahmen war uns aber bewusst, dass es auch uns jederzeit treffen könnte. Wir waren auf den Krisenfall optimal vorbereitet und konnten deshalb gemeinsam mit externen Spezialisten sehr schnell und wirksam auf die Situation reagieren.
Der zweite – und aus meiner Sicht entscheidende – Erfolgsfaktor ist unser Umgang mit dieser existenziellen Krise. Was ich in diesen Sommerwochen erlebt habe, war für mich einzigartig – ein herausragendes Beispiel für Teamarbeit auf höchstem Niveau, sowohl fachlich als auch menschlich. Wir haben uns der Herausforderung gestellt und den Konzern mit einem enormen Maß an Energie, Engagement und Kreativität am Laufen gehalten. Ob im Verwaltungsrat, in der Konzernleitung, im Krisenstab oder im IT-Team, in den Produktionsstätten, in den Büros oder im Außendienst bei den Kunden: Wir alle konnten in dieser kritischen Situation aufeinander zählen. Die Kolleginnen und Kollegen haben Verantwortung übernommen und alle verfügbaren Ressourcen genutzt, um die Krise zu meistern und sicherzustellen, dass wir unsere Versprechen gegenüber Kunden und Lieferanten einhalten konnten. Es war eine beeindruckende Teamleistung, die gezeigt hat, wie resilient und motiviert unsere Organisation ist.
HOERBIGER ist in einem sehr schwierigen Marktumfeld profitabel gewachsen. Ist das einer der Gründe dafür?
TK — Auf jeden Fall. Die Art und Weise, wie wir zusammenarbeiten und miteinander umgehen, hat einen großen Einfluss auf unseren Erfolg. Wir sind offen, arbeiten auf Augenhöhe konzernübergreifend an Themen und verfolgen gemeinsam dasselbe Ziel. Ich spüre eine ungeheure Energie im Konzern – auf allen Ebenen. Diese entschlossene Anpack-Mentalität und der unerschütterliche Wille, jede Herausforderung zu meistern, ermöglichen es uns, die Herausforderungen des Marktes mit sportlichem Ehrgeiz anzugehen und erfolgreich zu bewältigen.
HOERBIGER hat sich in den vergangenen zwölf Monaten sowohl organisatorisch als auch kulturell weiterentwickelt. Das Wir-Gefühl ist spürbar gewachsen. Heute denken wir nicht mehr in Silos, sondern handeln konzernübergreifend als Gemeinschaft. Gleichzeitig fördern und leben wir eine starke Identifikation mit den einzelnen Geschäftsbereichen sowie eine ausgeprägte Ownership in den lokalen Teams. Diese Balance zwischen einem starken Konzern-Teamgeist und individueller Verantwortung in den Geschäftsbereichen ist ein entscheidender Fortschritt in unserer Transformation.
Was ist Ihre Prognose für 2025?
TK — Wir gehen die Herausforderungen des laufenden Geschäftsjahres aus einer Position der Stärke heraus an. Eine geschärfte Strategie, schlanke Strukturen und ein global ausgewogener Footprint mit Produktionsstätten in allen wichtigen Weltregionen bieten eine solide Grundlage, um flexibel auf Marktveränderungen zu reagieren. Selbstverständlich müssen wir angesichts der aktuellen Marktbedingungen vorsichtig und wachsam bleiben. Der tiefgreifende Wandel in den globalen Märkten eröffnet uns aber auch neue Chancen.
Innovation ist und bleibt der zentrale Treiber für das Wachstum von HOERBIGER. Deshalb identifizieren wir konzernweit neue Projekte, um eine starke Innovationspipeline für die kommenden Jahre sicherzustellen. Wir konzentrieren uns dabei auf die Entwicklung von Produkten und Geschäftsmodellen, die bestmöglich neue Markt- und Kundenbedürfnisse erfüllen und uns in bestehenden und neuen Wachstumsfeldern optimal positionieren. Im Fokus stehen die Bereiche Halbleitertechnologie, Medizintechnik, Umwelttechnologie sowie Automation. Diese von Megatrends getriebenen Branchen bieten uns attraktive Wachstumsmöglichkeiten über den reinen Verdrängungswettbewerb hinaus.
Wie bereits in den Vorjahren wollen wir auch 2025 sowohl organisch als auch durch Akquisitionen wachsen. Aktuell laufen vielversprechende Projekte, welche sich positiv auf die Positionierung von HOERBIGER und das langfristige profitable Wachstum auswirken sollten. Dazu zählen Zukäufe, die bestehende Fähigkeiten und Geschäftsmodelle sinnvoll ergänzen oder den regionalen Footprint erweitern. Darüber hinaus hat HOERBIGER die Ambition, größere Akquisitionen zu tätigen, die das Wachstum und die Stabilität des Konzerns auf ein neues Niveau heben. Dank des positiven Geschäftsverlaufs der vergangenen Jahre hat HOERBIGER sowohl die finanziellen Mittel als auch die Marktposition und Reputation für einen solchen Schritt.
Kurz zusammengefasst: Wir sind gut aufgestellt, um die Entwicklung von HOERBIGER auch im laufenden Jahr aktiv zu gestalten und unsere Position weiter zu stärken.
Wo sehen Sie Risiken?
TK — Aktuell sehe ich im Wesentlichen drei Risiken für den HOERBIGER Konzern. Das erste Risiko ergibt sich aus der Geopolitik und den Sanktionen, die insbesondere den Halbleiterbereich betreffen könnten. Handelsbeschränkungen und politische Spannungen könnten unsere Lieferketten und Geschäftsmöglichkeiten beeinträchtigen.
Ein weiteres Risiko stellt die Unsicherheit durch Kriege und Konflikte in verschiedenen Regionen der Welt dar. Besonders der Nahe Osten und andere bestehende und potenzielle Konfliktgebiete könnten durch ihre instabile Lage die globalen Märkte und somit auch unsere Geschäfte beeinträchtigen.
Darüber hinaus bleibt die Bedrohung durch Cyberkriminalität ein kontinuierliches Risiko. Auch wenn wir den Vorfall im vergangenen Jahr erfolgreich bewältigt haben, bedeutet dies nicht, dass wir künftig vor solchen Angriffen sicher sind. Deshalb bleiben wir wachsam und investieren weiter in die Sicherheit unserer Systeme.
„Wir sind offen, arbeiten auf Augenhöhe konzernübergreifend
an Themen und verfolgen gemeinsam dasselbe Ziel.“
HOERBIGER ist ständig auf der Suche nach neuen Talenten. Was antworten Sie auf die Frage, warum HOERBIGER ein attraktiver Arbeitgeber ist?
TK — Es sind für mich drei Aspekte, die HOERBIGER ausmachen: Erstens bieten wir ein sehr persönliches, fast familiäres Umfeld, in dem sich die Mitarbeitenden untereinander kennen und oft sogar freundschaftlich verbunden sind. Gleichzeitig haben wir aber eine beeindruckende globale Präsenz auf allen Kontinenten, die durchaus mit der Internationalität von Großkonzernen vergleichbar ist.
Zweitens: Mit unseren performancebestimmenden Produkten und Services machen wir bei unseren Kunden wirklich einen Unterschied, denn wir unterstützen sie darin, die Nachhaltigkeit ihrer Wertschöpfung erheblich zu steigern. Dies spiegelt sich oft in einer ungeheuren Wertschätzung seitens unserer Kunden.
Und drittens: Die Kolleginnen und Kollegen bei HOERBIGER. Sie sind nicht nur engagiert und ambitioniert, sondern stecken auch viel Herzblut in ihre Arbeit. Sie spüren, dass sie mit ihrer Arbeit einen Unterschied machen können – und dafür sind sie auch bereit, die Extrameile zu gehen.
HOERBIGER feiert in diesem Jahr seinen 130. Geburtstag. Wenn Sie einen Wunsch für die Zukunft des Konzerns frei hätten, welcher wäre das?
TK — Ich wünsche mir, dass HOERBIGER in seinen Grundfesten – den Werten, der Kultur und dem Zusammenhalt – weiterhin stark bleibt. Gleichzeitig wünsche ich mir, dass HOERBIGER offen für Veränderungen bleibt, um auch in der Zukunft ein Pionier zu sein und sich erfolgreich in der sich ständig wandelnden Welt von morgen behaupten zu können. Dieser Balanceakt zwischen Beständigkeit und Anpassungsfähigkeit ist meiner Meinung nach der Schlüssel, um langfristig erfolgreich zu bleiben.